Die Neuen Auftraggeber
von Blessey
Das Waschhaus von Blessey
Foto: Andre Morin
Das Waschhaus von Blessey
Auftraggeber: Bewohner und Ratsmitglieder von Blessey,
Auftrag: Eine Skulptur für das restaurierte Waschhaus.
Mediator: Xavier Douroux (Le Consortium),
Künstler: Remy Zaugg,
Partner: Fondation de France, Conseil Général de la Côte d'Or, Région Bourgogne-Franche-Comté, Programme européen Leader II, Fonds Européens FSE, Direction Départementale du Travail de l'Emploi et de la Formation Professionnelle de Côte d'Or, DRAC Bourgogne, Sivom de Venarey les Laumes, Commune de Blessey,
Zeitraum: 1997 – 2007
Budget: 266.847 €
Die rund zwanzig Einwohner des schrumpfenden Dorfes Blessey im französischen Burgund haben das historische Waschhaus aus dem Jahr 1836 in Eigeninitiative saniert. Nun wünschen sie, dass dort eine Skulptur aufgestellt wird. Xavier Douroux spricht den Künstler Rémy Zaugg an, der selbst einem Dorf entstammt. Zaugg aber will nicht das Waschhaus dekorieren, während der ganze Ort verfällt, und schreibt den Bewohnern einen empörten Brief. Am Ende setzt sich seine Vision durch. Überflüssige Gebäude werden abgerissen, alte Wege und Mauern werden verschoben und münden an einem neu geschaffenen Teich hinter dem Waschhaus. Es wird zum Mittelpunkt eines veränderten Dorfes, das sich nun erkennbar auf die Schönheit der umgebenden Landschaft bezieht. Die zehnjährige Arbeit an diesem Gesamtkunstwerk wird zum Wendepunkt für Blessey, das ein neues Selbstverständnis gewinnt. Bald zieht das Dorf auch wieder neue Bewohner an.
„Wir wussten nicht, was uns erwartet, wir hatten nur eine vage Idee davon, was wir gemocht hätten, aber es hatte nichts mit dem zu tun, was Rémy Zaugg getan hat.“
Christine Lacombe, Landwirtin, Auftraggeberin
Heute hat man seine Waschmaschine. Man wäscht seine schmutzige Wäsche allein, jeder für sich. Restauriert, gaukelt das Waschhaus eine neue Zukunft vor - die aber eine Illusion ist. Die Bäuerinnen werden den Weg vom Dorf zum Waschhaus nie wieder hinabschreiten, werden dort nicht mehr zusammen finden, werden sich nicht mehr austauschen, und sie werden später nicht mehr beladen mit gewaschener Wäsche wieder den Weg hinauf nach Hause gehen. Restauriert, ist das Waschhaus lächerlich, grotesk. Seine wiedergewonnene alte Würde ist karnevalesk. Widersinnig sogar. Absurd.
Diese Absurdität spürend, ruft man nach dem Künstler. Erwartete man von ihm, er würde ein Fresko im Halbkreis malen wie Leonardo da Vinci? Oder er würde gleich neben oder vor dem Waschhaus eine nackte Frau in Bronze kleiden à la Maillol?
Die selektive, einseitige Restaurierung des Waschhauses offenbart den physischen und vielleicht psychischen, sicher aber den kulturellen Verfall von allem ringsumher. Und die marode Umgebung verleiht dem restaurierten Waschhaus einen umso groteskeren Charakter, als es selber niemals mehr zu etwas taugen wird, wie gut man es auch immer restaurieren möge. In der gegenwärtigen Situation ist die Restaurierung ein kostspieliger Luxus. Sie ist ungerechtfertigt, unnütz, asozial, gewissenlos, ja schädlich.
Dieser Restaurierung einen Sinn zu geben, das könnte die Arbeit eines Künstlers sein. Da man offenbar in selektiver Wahrnehmung besessen ist von dem restaurierten Waschhaus, betrachten wir es also von nun an als Mittelpunkt der Welt, und geben wir der Welt von diesem neuen Zentrum aus eine neue Ordnung, sodass der aberwitzige Akt der Restaurierung zu einer Normalität werden kann.
Brief von Rémy Zaugg an die Einwohner von Blessey